Das war
Villa Gesell im Jahr 1960. Unser Häuschen hatten wir zu Silvester 1958 eingeweiht, obwohl noch die große Scheibe des
Wohnzimmers fehlte, denn damals mussten
die meisten Bauteile aus Buenos-Aires gebracht werden. Die erste Scheibe war zu klein geschnitten
worden, die zweite zerbrach während des Transportes und die dritte, die Mitte
Januar ankam, hatte eine Luftblase
mitten im Glas, aber sie passte und wir behielten sie. Sie hat dann auch bis
heute gehalten.
Ein
Handwerker im Dorf hatte uns ein schönes Namensschild geschnitzt, und es
prangte im Garten vor dem Haus mitten in „uña de gato“, einem Fettgewächs, was
im Sand gedieh, denn an Gras war noch nicht zu denken.
Der Name
„PARU-TOVIAN“ gab den Vorbeikommenden
Anlass zu den wildesten Spekulationen, wir hörten sie teilweise, was das wohl
bedeuten könnte. Die einen meinten, es sei ein Indio-Häuptling gewesen, andere
glaubten, das müsse etwas mit Mythologie zu tun haben. Dabei war die Lösung des
Rätsels viel einfacher. Es waren die Silben unserer Vornamen, PARU für Paul und
Ruth, TOVIAN für Thomas, Vicky, Andreas.
Der Garten
sah noch recht kahl und dürftig aus. Zwei kleine Kiefern kämpften ums Überleben, die später so großen
Eichen waren noch winzige Ableger, die an einem windgeschützten Plätzchen
zusammen standen und erst einmal Wurzeln treiben sollten. Dazu waren sie von
Schwager Fritz in einen Klumpen schwarze Erde gesetzt und mit Teerpappe
umwickelt worden. Dieses Verfahren hatte auch Don Carlos bei der Aufforstung
mit gutem Erfolg benutzt. Dabei löste
sich die Teerpappe nach und nach im Boden auf und die kleine Pflanze hatte dann
bereits genügend Kraft und Wurzeln, um in dem sandigen Boden weiter gedeihen zu
können.
Ich habe
alle Bäumchen und Büsche bestens betreut und bin hinter so manchem Pferd
hergelaufen, um die Pferdeäpfel für
meinen Garten zu sammeln, die mit Wasser vermischt ein fabelhafter Dünger waren
und die Pflanzen auch für die strengen Winter warm und geschützt hielten.
Unsere Straße 308 führte 200m weit in direkter Linie zum Strand, und sie war gesäumt von großen Akazienbüschen, die im
August so herrlich leuchtend gelb blühten.
Unserem
Häuschen gegenüber, also auf der anderen Straßenseite, dehnten sich die Dünen
und Sandflächen nach Norden, denn damals hieß es, dass die Urbanisierung und
Aufforstung hier aufhören sollten. Villa Gesell war hier zu Ende, so wurde
behauptet. Für alle Kinder ein ideales Spielfeld, wo man auch immer wieder
Muscheln jedweder Größe fand und sich auch so gut zwischen den Dünen verstecken
konnte.
Wir hatten
einen direkten Nachbarn, der im gleichen Jahr wie wir gebaut hatte, auf dem
Strand selbst war zwei Jahre zuvor ein großes Chalet errichtet worden, dessen Vorderfront jedes
Jahr nach den Winterstürmen aus den Wanderdünen frei geschaufelt werden musste,
und ein kleines Häuschen stand auch
bereits mitten im Sand. Das war aber
auch alles.
Es war die Zeit,
wo man ohne alles zu verriegeln und verrammeln an den Strand ging, in Ruhe
badete, im Schatten eines
Tamarindenbusches faul und träge im Sand lag und den lieben Gott unbesorgt
einen guten Mann sein ließ.
Ein Bauer
kam mit seinem Pferdekarren regelmäßig aus Madariaga oder Juancho und versorgte
uns mit frischem Obst und Gemüse, ein anderer Pferdekarren brachte in einem
kleinen Brennstofftank das zum Heizen und Kochen benötigte Kerosin, und das war
immer ein besonderer Tag für die Kinder, denn sie durften auf dem Tank sitzend
eine Strecke mitfahren und amüsierten sich königlich dabei.
Es waren
wunderschöne Ferien, die wir dort Jahr für Jahr, im Sommer wie im Winter,
verbrachten. Und als sich zu den Kindern
die Enkelkinder gesellten, kamen die wiederum mit großer Begeisterung nach Villa
Gesell. Auch sie verlebten eine noch unbeschwerte Zeit, obwohl sich der Ort im
Laufe der Jahre bereits sehr vergrößert
und verändert hatte.
Aber alle
hingen doch sehr an PARU-TOVIAN und
waren traurig, als wir unser Häuschen 2001 verkauft haben.
Ruth H..
Kindertreffen in PARU-TOVIAN |