verdankt
seine Existenz einem beharrlichen Utopisten
Aus : „Die
Zeit“ 1997 Nr.7
Ende
siehe
Beitrag Nr. 77, Nr. 82, Nr. 86, Nr. 94, Nr. 99, Nr. 105
…Für seine Vision plündert Don Carlos immer wieder seine
Privatschatulle: Fünfzig Hektar Land stiftet er für einen Golfplatz, mehr Land
noch für einen Busbahnhof. Außerdem bezahlt er die moderne Baumschule, den
Ausbau und Unterhalt der Straßen und die Verwaltung der Stadt. Reich wird er
nicht dabei, aber zufrieden. Und sein Glück will er bestätigt wissen.
"Nun, wie gefällt Ihnen meine Stadt?" fragt er jeden Besucher.
Gegen den Widerstand des weitsichtigen
Patriarchen wird die Teerstraße durch den Sand trassiert, in der Folge setzt
der Massentourismus ein. Statt des Kulturbürgertums kommen nun immer mehr
sonnenhungrige Großstädter. Diese neuen Urlauber begeistern sich kaum für
Pinienwälder oder gar die Einsamkeit der Dünen. Was sie nach Villa Gesell
führt, das ist die schnelle Verkehrsanbindung, der breite Sandstrand, die
Vergnügungsmeile Avenida 3.
Carlos Gesell zieht sich aus seiner Stadt zurück. Aber
immerhin: Endlich wird der Verstoßene, der "Verrückte der Dünen",
auch offiziell geehrt. Drei Staatspräsidenten besuchen ihn in seinem
Strandhaus, und 1971 bekommt er zu seinem achtzigsten Geburtstag, neben
zahlreichen anderen Auszeichnungen, auch das deutsche Bundesverdienstkreuz
verliehen als Anerkennung für die Gründung seines Badeorts.
Heute, fast zwanzig Jahre nach seinem Tod, ist das
Historische Museum des Ortes Don Carlos gewidmet. Es ist seine alte Pagode in
den Dünen, die noch immer überraschend modern anmutet. Seit das Erbe des
Patriarchen in eine staatliche Stiftung übergegangen ist, werden seine
Baumschule und das Museum weitergeführt, um den Gedanken von einst zu erhalten.
Und dann gibt es auch noch jenen Zipfel Land, der besser als jedes Museum
an Don Carlos erinnert: Rosemarie, seine Tochter, führt dort einen
Campingplatz, weit draußen im Süden. Hier, wo die "Sommerschwalben"
nur zur Hochsaison einfallen, lässt sich in den übrigen Monaten des Jahres noch
einmal die Atmosphäre von damals spüren: die Stille, natürliche Poesie und
Kultur des alten Villa Gesell. Ein Rest von Utopia, fernab des Rummels.
Camping Bubi |
Villa Gesell heute |
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