Eines Tages fand Don Carlos bei einem frühen Spaziergang
einen kleinen Chingolo, (Morgenammer), eine Vogelart, die es in Deutschland
nicht gibt.
Der Kleine rief kläglich nach seinen Eltern, die nirgends zu
sehen waren. Er war noch nicht flügge, hatte aber schon sein Federkleid und Don
Carlos brachte ihn uns, die wir gerade mit dem Frühstück warteten.
„Chippi“, wie wir ihn nannten, machte mit, er hopste auf dem Tisch herum und
zeigte, dass er schon sein Futter finden und aufpicken konnte. Doch es gab da
auch unbekannte Gefahren wie Butter und die
Honigschüssel, danach war ein Fußbad nötig. Auch die Federn hatten etwas abbekommen.
Das wirkliche Problem war aber, dass er gegen die Scheiben flog. Denn fliegen
lernte er schon in wenigen Tagen. Chingolos sind auch in der Natur sehr zutraulich und er
nahm uns sofort als Eltern an.
Tante Lörchen nahm ihn mit in ihr Zimmer. Es war schon warm
und so ließ sie ihr Fenster offen und dort blieb er dann, frei im Zimmer und auch
hinaus fliegend. Ich besorgte Alpiste (Vogelfutter),
was Chippi sofort annahm. Tante Lörchen streute es auf das Fensterbrett.
Da Chingolos auch Insekten
fressen, bot ich ihm Fliegen auf der Fliegenklappe an. Das wurde ein großer
Erfolg denn so bekam er reichlich Eiweiß. Chippi merkte irgendwie sofort, wenn ich ihm etwas brachte, denn kaum öffnete
ich die Tür, so saß er schon auf der Fliegenklappe und pickte alles eifrig auf.
Tante Lörchen hatte ihre helle Freude an seiner
Zutraulichkeit, er flog ihr auf die Hände oder auf die Schulter, auch zum
Fenster hinaus, wo er dann oft auf unseren Köpfen oder, zu deren Schrecken, auf
fremden Köpfen landete. Doch er kam
immer wieder zu Tante Lörchen zurück und
fand nach langem Probieren auch einen, für seine Füßchen geeigneten Schlafplatz
auf dem Rand einer Vase. Wir sorgten dann dafür, wenn er schlafen
ging, ihn zuweilen so herum zu drehen, dass die Vase auch als Nachttopf dienen
konnte.
Wenn Tante Lörchen für
Chippi Vogelfutter streute, hatte er
bald Gesellschaft seiner Artgenossen an dem gedeckten Tisch. Und so wurde er
erwachsen. Lange danach war er noch zutraulich, bis er sich ganz zu seiner Art
gesellte und wir ihn nicht mehr unter den anderen Chingolos, die sein Futter
teilten, erkennen konnten.
Sonja T.
Zeichnung: Gerda S.
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