Es muss so gegen 1970 gewesen sein. Winterferien! Und
natürlich fuhren wir nach Villa Gesell! Zwei
Wochen zum „Rumzigeunern!“ So nannte es meine Mutter.
Jeden Morgen, ganz früh, als noch meine Mutter und meine
Tante schliefen, stampften meine Kusine
und mein großer Bruder auf den Boden. Wir unten mussten sofort aufspringen und
das Fenster öffnen. Von oben wurde ein dickes Seil runtergelassen, das am Ende
einen Haken hatte. An dem Haken hing ein
Zettel mit Strichfiguren. Die Strichfiguren zeigten, weil wir ja noch gar nicht
lesen konnten, was wir machen sollten: Aufstehen, anziehen, Zähne putzen, Eimer
suchen, leise vorne rausgehen und dort auf sie warten. Es wurde gerade hell.
Wir waren warm angezogen mit dicken Jacken, Mützen und
Regenstiefeln. Alle fünf gingen wir runter zum Strand, Seesterne suchen.
Aber wir fanden noch allerhand mehr: Holzstücke,
angetriebene kaputte Eimer und Schaufeln, verrostete Münzen und einen… Pinguin!
Wir dachten erst, er wäre tot. Er lag auf seinem Bauch,
rührte sich nicht und war komplett schwarz von Öl. Aber als wir näher gingen,
bewegte er den Kopf in unsere Richtung und versuchte, sich zu wehren. Doch der
arme Kerl hatte keine Kraft. Meine Kusine warf ihre Jacke über ihn und nahm ihn
unter den Arm. Ganz aufgeregt beeilten wir uns zurück nach Hause.
Unsere beiden Wissenschaftlerinnen und Experten für alles Lebendige, also meine
Mutter und meine Tante, kamen sofort zur Hilfe. Die Tage waren kühl genug, so
dass unser Patient nicht unter Wärme zu leiden brauchte.
Wir nannten ihn „Mopsi“.
Er war wirklich hübsch, mit gelben, langen Wimpern. Wir
wuschen ihn täglich mit Seife, drei oder vier Tage lang. Tagsüber lief er im
Garten herum und abends schlief er im großen Badezimmer. Er gewöhnte sich so an
uns, dass er uns nachlief und bettelte. Um ihn zu füttern, mussten wir ins Dorf
"cornalitos" (kleine Fische) einkaufen gehen. Die mochte er gerne!
Nach ungefähr einer Woche gingen wir mit ihm an den Strand. Er watschelte neben uns her,
aber wagte sich nicht von unserer Seite. Wir standen eine kleine Weile am
Wasser, aber nichts geschah. Auf einmal
drehte er sich um und lief zurück Richtung Haus.
Eine kurze Woche später war unser Urlaub fast zu Ende.
Wir machten uns Sorgen, weil wir Mopsi nicht verlassen wollten. Wir wollten ihn
gerne mit uns nach Hause nehmen.
"Das kommt
überhaupt nicht in Frage", sagten meine Mutter und meine Tante. "Das
würde er niemals überleben!"
Als Kind denkt man
nicht daran, wir hatten uns einfach in ihn verliebt. Also versuchten wir es
noch einmal. Langsam gingen wir die Düne runter auf das Meer zu.
Mopsi watschelte brav neben uns her. Diesmal aber, sobald
seine Flossen den nassen Sand berührten, lief er los, schneller und schneller,
bis er ans Wasser kam. Dort ließ er sich plötzlich auf den Bauch fallen und in
einem kurzen Augenblick war er weg.
Wir freuten uns dann mit dem Gedanken, dass wir Mopsi
noch ein bisschen Zeit geschenkt hatten.
Desi K. de C. aus USA
Zeichnung: Gerda S.
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